Die Geheimnisvolle
Hermann Hesse (1877-1962)
Die Geheimnisvolle
So viele Frauen, wenn sie lieben, geben
Uns in der Wollust ihr Geheimnis preis,
Wir pflücken es, und kennen sie fürs Leben,
Denn ob die Liebe auch zu täuschen weiß,
Ob auch die Wollust noch vermag zu trügen.
Wo beide Eins sind, können sie nicht lügen.
Du hast mit mir das Sakrament gefeiert,
Und Wollust schien bei dir mit Liebe Eins,
Und dennoch hast du dich mir nicht entschleiert,
Du hast das bange Rätsel deines Seins
Mir nie gelöst und anvertraut im Lieben,
Bist immer ein Geheimnis mir geblieben.
Dann bist du, plötzlich meiner müd, gegangen,
Und tatest mir zum letzten Male weh.
Ein Stück von mir blieb noch bei dir gefangen,
Und wenn ich fern dich Schlanke gehen seh,
Kann ich die fremde schöne Frau begehren,
Als ob wir nie ein Paar gewesen wären.
Woman of Mystery
So many women, when they love, surrender
Their mystery, their secret, in their ardour.
We take it, they are known to us for ever.
Love on its own is sometimes a deceiver,
Lust on its own may turn to treachery.
When they are joined in one, they cannot lie.
You took with me the sacramental blessing:
I thought that love and lust in you were one.
Yet you were ever veiled to me, unshown:
Unsolved, the sorry riddle of your being.
You never gave your confidence to me
In love; you still remained a mystery.
Then suddenly you tired of me and left me,
Hurt me for one last time, you were inhuman.
A part of me remained with you, still captive;
And when I see your slender form afar,
I can desire the lovely unknown woman
As if we two had never been a pair.Translation: Copyright © Timothy Adès