The Knee

Das Knie

Christian Morgenstern (1871-1914)

Das Knie
Ein Knie geht einsam durch die Welt. Es ist ein Knie, sonst nichts! Es ist kein Baum! Es ist kein Zelt! Es ist ein Knie, sonst nichts. Im Kriege ward einmal ein Mann erschossen um und um. Das Knie allein blieb unverletzt- als wärs ein Heiligtum. Seitdem gehts einsam durch die Welt. Es ist ein Knie, sonst nichts. Es ist kein Baum, es ist kein Zelt. Es ist ein Knie, sonst nichts.
The Knee
A knee is on a solo spree. It’s just a knee, that’s all! It’s not a tree, nor a tepee, It’s just a knee, that’s all. A soldier in sharp shots was swathed, Shocked, shellacked, shattered, shanked. The knee alone remained unscathed, Seemingly sacrosanct. It still is on a solo spree. It’s just a knee, that’s all. It’s not a tree, nor a tepee, It’s just a knee, that’s all.

Translation: Copyright © Timothy Adès

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Roaming

Ich wandere

Peter Baum (1869-1916)

Ich wandere
Ich wandre und kenne nicht Zeit noch Raum Und lächle ins Leben, als sei es ein Traum, In wehenden Gärten, die Dämmerung umflicht – Ich staun’ wie ein Kind in das zitternde Licht. – Sie sagen, ich altere Jahr um Jahr, Mir welke die Wange, mir bleiche das Haar, Am Ende des Weges, da harre der Tod, Weiß nicht, ob er lächelt, weiß nicht, ob er droht. So wandre ich, wandre ich Nacht und Tag Wolken Sternen und Schatten nach.
Roaming
I reck not of time and of space as I roam, I chuckle at life as it might be a dream. In gardens of winds where the twilight weaves, I stare like a child at the moon-glitter’s waves. They say I grow older as year follows year, My cheek ever dimmer and whiter my hair: At the end of my road it is death who awaits, Don’t know if he’s smiling or uttering threats. And so I stray onward through midnights and days, I follow the shadows, the clouds and the stars.

Translation: Copyright © Timothy Adès

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Entrückung

Ecstasy

Stefan George (1868-1933)

Ecstasy
Ich fühle luft von anderem planeten. Mir blassen durch das dunkel die gesichter Die freundlich eben noch sich zu mir drehten. Und bäum und wege die ich liebte fahlen Dass ich sie kaum mehr kenne und du lichter Geliebter schatten—rufer meiner qualen-- Bist nun erloschen ganz in tiefern gluten Um nach dem taumel streitenden getobes Mit einem frommen schauer anzumuten. Ich löse mich in tönen, kreisend, webend, Ungründigen danks und unbenamten lobes Dem grossen atem wunschlos mich ergebend. Mich überfährt ein ungestümes wehen Im rausch der weihe wo inbrünstige schreie In staub geworfner beterinnen flehen: Dann seh ich wie sich duftige nebel lüpfen In einer sonnerfüllten klaren freie Die nur umfängt auf fernsten bergesschlüpfen. Der boden schüffert weiss und weich wie molke. Ich steige über schluchten ungeheuer. Ich fühle wie ich über letzter wolke In einem meer kristallnen glanzes schwimme-- Ich bin ein funke nur vom heiligen feuer Ich bin ein dröhnen nur der heiligen stimme.
Entrückung
This air I feel comes from another planet. Those friendly faces, turned in my direction Not long ago, now into darkness vanish; And trees and paths I loved are faint – I hardly Know them now. You, by whom all my affliction Is summoned up, you loved and shining shadow, Are now entirely dimmed in a profounder Glow, gone the roaring and tumultuous hazard: I apprehend it with a reverent shudder. I am dissolved in sounds all swirling, weaving, Of nameless praise and gratitude unmeasured; I have no wish, to the great breath I surrender. There passes over me a furious blowing; I hear the fervent cries of praying women, Prone in the dust and seized in pious rapture: And then I see the hazy mist ascending In an expanse all sunlit, clear, and open, Which alone reaches to the furthest mountains. The ground is white and soft with milky tremors. I soar above ravines, uncouth, enormous. I seem to be above the highest nimbus, I float upon a sea of crystal shimmers. I am a sparkle of the holy fire, A roaring of the holy voice: no more.
With acknowledgements to an earlier translator, Carl Engel. Set to music by Arnold Schönberg in his String Quartet no. 2 with soprano, Op. 10.

Translation: Copyright © Timothy Adès

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My white macaws

Meine weissen ara

Stefan George (1868-1933)

Meine weissen ara
Meine weissen ara haben safrangelbe kronen · Hinterm gitter wo sie wohnen Nicken sie in schlanken ringen Ohne ruf ohne sang · Schlummern lang · Breiten niemals ihre schwingen -- Meine weissen ara träumen Von den fernen dattelbäumen.
My white macaws
My white macaws have saffron crests · Behind the grille around their nests They snooze in insubstantial rings No cry no song · Their sleep is long · They never spread their swings – And each one, dreaming, meditates On far-off palms and distant dates.
(from Das Buch der hängenden Gärten)

Translation: Copyright © Timothy Adès

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Leaves and Tomcats

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German

Leaves and Tomcats

Otto Julius Bierbaum (1865-1910)

Im Mai sind alle Blätter grün, im Mai sind alle Kater kühn. Drum wer ein Herz hat, faßt sich eins, und wer sich keins faßt, hat auch keins.
Leaves and Tomcats
In May, leaves are green, Tomcats in May are keen. Who has a heart, wins one; Who wins no heart, has none.

Translation: Copyright © Timothy Adès

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I saw the Christ-child! Imagine it, though

Denkt Euch, ich habe das Christkind gesehn

Anna Ritter (1865-1921)

Denkt Euch, ich habe das Christkind gesehn
Denkt Euch, ich habe das Christkind gesehn. Es kam aus dem Walde, das Mützchen voll Schnee, mit rotgefrorenem Näschen. Die kleine Hände taten ihm weh, denn es trug einen Sack, der war gar schwer, schleppte und polterte hinter ihm her. Was drin war, möchtet ihr wissen? Ihr Naseweise, ihr Schelmenpack - denkt ihr, er wäre offen, der Sack? Zugebunden bis oben hin! doch war gewiß etwas Schönes drin! Es roch so nach Äpfeln und Nüssen!
I saw the Christ-child! Imagine it, though
I saw the Christ-child! Imagine it, though – He came from the wood with his cap full of snow, His poor little nose red and frozen. His little hands ached from a heavy load He had a sack that he toted and towed It dragged along loudly behind him. What was in it, you’d like to know? You nosey parkers, you rascal-pack, Do you suppose it was open, the sack? All the way up it was tightly tied. But something good was surely inside – Such a scent of apples and nuts!

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Kaiserstadt Wien

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German

Kaiserstadt Wien

Ricarda Huch (1864-1947)

Kaiserstadt Wien! Ruhmvolles Haupt, Zärtlich und kühn, Lorbeer- und Rebenbelaubt. Stromauf, stromab Völker dir knien, Schwingst du den Stab, Herrscherin, Zauberin Wien. Stolz deinen Dom Adler umziehn, Nixen im Strom Singen in Schlummer dich, Wien. Kaiserstadt Wien, Kronenberaubt, Ewiges Grün Schlingt dir die Liebe ums Haupt.
Kaiserstadt Wien
Kaiserstadt Wien! Mistress renowned, Brave and serene, Vintage-bedecked, laurel-crowned. Upstream and down, Peoples obey, Kneel to the crown; Empress, enchantress, hold sway. Eagles aloft Wreathe your great spire; River flows soft, Sprites are your lullaby-choir. Kaiserstadt Wien, Sceptreless now; Love ever green Circles, immortal, your brow.

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STRALSUND

STRALSUND

Ricarda Huch (1864-1947)

STRALSUND
Altgraue Stadt, die das Meer umblaut, Wo das rostrote Segel sich bläht, Aufblitzt der Fische blanke Haut Und die gaukelnde Möwe kräht. Es brandet um der Kirche Wall Vergebens Well und Sturm, Sie zittert wohl von der Orgel Schall, Kein Feind stürzt ihren Turm. Die Wolken mit zartem Flügelschlag Streifen ihr Haupt, drin wühlt Ein Traum von zorniger Schlachten Tag, Wo Blut ihren Fuss umspült. Da liegen die Toten Stein bei Stein, Die Glocken summen dazu: Ewiges Gedächtnis, mein Sohn, sei dein, Ewige, ewige Ruh!
STRALSUND
The old grey town that blue sea girds: The swell of rust-red sails, The squawking, tumbling salt-sea birds, The flash of clean fish-scales. On this church wall the pounding wave And tempest waste their fire: Though organ-thunder shakes the nave, No foe hurls down the spire. The clouds with tender beating wing Caress its head, that dreams Of fierce-fought battles reddening Its foot with gory streams. The dead are sleeping, stone by stone, The sounding bells request: Eternal memory, my son, Be thine, eternal rest!

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To Our Martyrs

An unsere Martyrer

Ricarda Huch (1864-1947)

An unsere Martyrer
Schmerzen, unsägliche, litt der griechische Heros, bevor er Sterben durfte und die erlösende Flamme noch schmerzte. Meine Helden, geliebte, ihr littet schwerer als jene, Schmachvoll, gemartert, verhöhnt, von keinem Freude getröstet. Ihr, die das Leben gabt für des Volkes Freiheit und Ehre, Nicht erhob sie das Volk,euch Freiheit und Leben zu retten. Ach, wo seid ihr, daß wir eure Wunden mit Tränen der Reue Waschen und eure bleichen Stirnen mit Lorbeer krönen! Weilt ihr jetzt auf der Insel in ferner, seliger Bläue, Wo die Sirenen des Meers euch mit Gesängen umschwärmen? Oder droben im reinen, himmlischen Äther? Ihr wandelt Herrlich wie das Gestirn seine melodische Bahn. Wir aber wollen Male richten euch zum Gedächtnis; Wo auf Hügeln stürmische Eichen grünen, und wo die Silberne Buche ragt und die rötliche Kiefer am Meere, Stehe der Marmor und glühe die Flamme der heiligen Namen. Dort, ihr Glorreichen, wollen wir euer gedenken und schwören, Tapfer wie ihr zu sein, dem Recht und der Freiheit zu dienen, Niemals treulos und feige den Gott in der Brust zu verleugnen, Der uns zu lieben treibt und im Kampf mit dem Bösen zu sterben. Wir vergessen euch nicht. Oft wird eure tragische Opfer Unser Gespräch sein, den Enkeln künftig ehrwürdige Sage. Über den Trümmern weht die schwarze Fahne der Trauer. Aber dereinst, wenn eure Male bemoost und verwittert, Möge Lebendiges neu erwachen und, wie auch gestaltet, Unseren heimischen Boden bestreun mit goldenen Früchten.
To Our Martyrs
Torment unspeakable first he endured, the Greek hero, before he Came to his death, and the flame that yet tormented, released him. O my heroes, my dear ones, you suffered more terrible torment, Shamed and martyred and scorned, and had no friend to console you. Though you laid down your lives for the people’s freedom and honour, Never they rose up, the people, to rescue your life and your freedom. Where are you now, let us bring you our bitterest tears of repentance, That we may wash your wounds and crown your pale temples with laurel! Do you dwell on the island afar in the blessed blue ocean, Where in the billows they swarm, the sirens, singing around you? Are you aloft in the pure celestial ether? In glory There you move as the stars on their melodious way. We for our part will raise for you monuments of remembrance, Where tempestuous oaks grow green on the hillsides, and where the Silvery beech rears high and the red pines border the ocean. There stand, marble, and burn, bright flame, for the names that we hallow. We will remember you there in your glory, vowing for ever That we too shall be brave in the service of justice and freedom, Never faint-hearted and faithless, denying that God in our bosom Who impels us to love, and to die in the fight against evil. Often and unforgetting, our lips shall speak of your tragic Sacrifice, worthy of honour, to tell to our children’s children. Over the wreckage waves the grim black banner of mourning. Yet one day when your monuments yield to the moss and the tempest, May new growth come to ripeness, and fruit, be it never so shapely, Cover our native soil in the golden bounty of harvest.

Translation: Copyright © Timothy Adès

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Lonely Sprite

Einsame Nixe

Ricarda Huch (1864-1947)

Einsame Nixe
Oft, wenn es dunkelte, hob aus dem Teich sich die reizende Nixe Halben Leibs; es rieselte sacht von den schilfigen Haaren. Mondengleich beschien ihre weiße Brust die Gebüsche, Erlen und Weiden umher, sie leuchteten hell vor den andern, Und es schimmerten feucht ihre Augen wie Perlen des Meeres. Nichts bekümmerte sie, die alles von Anfang gesehen. Wundersam nun erscholl ihre süße, kristallene Stimme Leicht wie Luft. Und sie sang von den herrlichen Wundern der Schöpfung, Sang von des Schicksals Gewalt und dem dunklen Geheimnis des Todes. Bald wie Akkorde der Harfe ertönten die Zaubergesänge, Bald, wie ihr zärtliches Lied die klagende Nachtigall flötet. Aber niemand hörte die Einsame; träumerisch lauschte Nur die heilige Nacht, es lauschten die ewigen Sterne.
Lonely Sprite
Often at twilight she raised herself halfway out of the water, Spellbinding sprite, and her hair was rushy and steadily trickling. White was her breast, and it shone like the moon all round on the thickets, Alders and meadows, that glittered all bright, before all the others, And her glistening eyes were wet as the pearls of the ocean. Nothing was troubling to her who had seen all from the beginning. Wondrously sweet now and crystal clear was her voice that resounded Light as air. And she sang of creation’s miraculous splendour, Sang of the power of fate and of death’s mysterious secret. Soon like chords of the harp her magical ballads were sounding, Soon, like the fluted song of the nightingale, plaintive and tender. But in her loneliness no-one heard her, for only one dreamer Listened, the holy night, and the listening stars everlasting.

Translation: Copyright © Timothy Adès

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