The butterfly
Der Schmetterling
Hermann Hesse (1877-1962)
Der Schmetterling
Mir war ein Weh geschehen,
Und da ich durch die Felder ging,
Da sah ich einen Schmetterling,
Der war so weiß und dunkelrot,
Im blauen Winde wehen.
O du! In Kinderzeiten,
Da noch die Welt so morgenklar
Und noch so nah der Himmel war,
Da sah ich dich zum letztenmal
Die schönen Flügel breiten.
Du farbig weiches Wehen,
Das mir vom Paradiese kam,
Wie fremd muß ich und voller Scham
Vor deinem tiefen Gottesglanz
Mit spröden Augen stehen!
Feldeinwärts ward getrieben
Der weiß' und rote Schmetterling,
Und da ich träumend weiterging,
War mir vom Paradiese her
Ein stiller Glanz geblieben.
The butterfly
I suffered some bad tiding.
I saw, in fields as I passed by,
A white and scarlet butterfly
On gentle winds go riding.
A child, I saw extended,
Long since, when heaven yet was near,
When all the world was morning-clear,
O you! your pinions splendid.
You, soft, bright-hued and airy,
You came to me from paradise.
Estranged, ashamed, before you
And all your godlike glory
I have to stand with downcast eyes.
Into the field was driven
The white and scarlet butterfly,
And as I wandered musing by,
I knew that I was given
A soundless glimpse of heaven.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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All the world’s books
Alle Bücher dieser Welt
Hermann Hesse (1877-1962)
Alle Bücher dieser Welt
Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.
Dort ist alles was du brauchst
Sonne Stern und Mond
Denn das Licht danach du frugst
In dir selber wohnt
Weisheit die du lang gesucht
In den Bücherreihen
Leuchtet jetzt aus jedem Blatt
Denn nun ist sie dein.
All the world’s books
All the world’s books
no joy will bring you,
sending you back
deep down within you.
There’s what you need:
Sun, stars and moon,
light you required,
in you, your own.
Wisdom you craved
sits on the shelf,
now from each page
shines for yourself.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Woman of Mystery
Die Geheimnisvolle
Hermann Hesse (1877-1962)
Die Geheimnisvolle
So viele Frauen, wenn sie lieben, geben
Uns in der Wollust ihr Geheimnis preis,
Wir pflücken es, und kennen sie fürs Leben,
Denn ob die Liebe auch zu täuschen weiß,
Ob auch die Wollust noch vermag zu trügen.
Wo beide Eins sind, können sie nicht lügen.
Du hast mit mir das Sakrament gefeiert,
Und Wollust schien bei dir mit Liebe Eins,
Und dennoch hast du dich mir nicht entschleiert,
Du hast das bange Rätsel deines Seins
Mir nie gelöst und anvertraut im Lieben,
Bist immer ein Geheimnis mir geblieben.
Dann bist du, plötzlich meiner müd, gegangen,
Und tatest mir zum letzten Male weh.
Ein Stück von mir blieb noch bei dir gefangen,
Und wenn ich fern dich Schlanke gehen seh,
Kann ich die fremde schöne Frau begehren,
Als ob wir nie ein Paar gewesen wären.
Woman of Mystery
So many women, when they love, surrender
Their mystery, their secret, in their ardour.
We take it, they are known to us for ever.
Love on its own is sometimes a deceiver,
Lust on its own may turn to treachery.
When they are joined in one, they cannot lie.
You took with me the sacramental blessing:
I thought that love and lust in you were one.
Yet you were ever veiled to me, unshown:
Unsolved, the sorry riddle of your being.
You never gave your confidence to me
In love; you still remained a mystery.
Then suddenly you tired of me and left me,
Hurt me for one last time, you were inhuman.
A part of me remained with you, still captive;
And when I see your slender form afar,
I can desire the lovely unknown woman
As if we two had never been a pair.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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In dubiis
In dubiis
Hermann Hesse (1877-1962)
In dubiis
I
Es dringt kein Laut bis her zu mir
von der Nationen wildem Streite,
ich stehe ja auf keiner Seite;
denn Recht ist weder dort noch hier.
Und weil ich nie Horaz vergaß
bleib gut ich aller Welt und halte
mich unverbrüchlich an die alte
aurea mediocritas.
II
Der erscheint mir als der Größte,
der zu keiner Fahne schwört,
und, weil er vom Teil sich löste,
nun der ganzen Welt gehört.
Ist sein Heim die Welt; es misst ihm
doch nicht klein der Heimat Hort;
denn das Vaterland, es ist ihm
dann sein Haus im Heimatsort.
In dubiis
I
No sound till now assails my ear
Of nations who in strife collide;
I do not stand on either side;
Justice is neither there nor here.
Mindful of Q. Horatius,
I’m friends with all the world, and hold
Irrevocably to the old
Aurea Mediocritas.
II
He stands out as most great-hearted,
Loyal to no flag unfurled,
Who, from one small fragment parted,
Now belongs to all the world.
If his home’s the world, his homeland
Measures to no little space:
For his fatherland’s his cottage,
In his own familiar place.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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All Things Pass
Vergänglichkeit
Hermann Hesse (1877-1962)
Vergänglichkeit
Vom Baum des Lebens fällt
mir Blatt um Blatt,
O taumelbunte Welt,
wie machst du satt,
wie machst du satt und müd,
wie machst du trunken!
Was heut noch glüht,
ist bald versunken.
Bald klirrt der Wind
über mein braunes Grab,
über das kleine Kind
beugt sich die Mutter herab.
Ihre Augen will ich wiedersehn,
ihr Blick ist mein Stern,
alles andre mag gehn und verwehn,
alles stirbt, alles stirbt gern.
Nur die ewige Mutter bleibt,
von der wir kamen,
ihr spielender Finger schreibt
in die flüchtige Luft unsre Namen.
All Things Pass
Leaf after leaf,
from life's tree, fall.
Bright whirling world,
you cloy, you pall.
You pall and you tire,
You make us drunken!
Today's glowing fire
Will soon be sunken.
At my brown grave
The wind shall blow;
Over the babe
Mother bends low.
May my star be bright,
The glance of her eyes!
On all else be blight!
All readily dies.
The great Mother stays,
From whom we came:
On the winds she plays,
As she scrawls our name.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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I Asked You
Ich fragte dich
Hermann Hesse (1877-1962)
Ich fragte dich
Ich fragte dich, warum dein Auge
gern in meinem Auge ruht,
so wie ein reiner Himmelsstern
in einer dunklen Flut.
Du sahest lang mich an,
wie man ein Kind mit Blicken misst,
und sagtest freundlich dann:
Ich bin dir gut, weil du so traurig bist.
I Asked You
Your eye on mine rests easy:
I asked you why it would,
like a pure star celestial
on a benighted flood.
You looked at me and pondered,
as one weighs up a child.
‘Because your gaze droops downward,
I’m good to you,’ you smiled.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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September
September
Hermann Hesse (1877-1962)
September
Der Garten trauert,
Kühl sinkt in die Blumen der Regen.
Der Sommer schauert
Still seinem Ende entgegen.
Golden tropft Blatt um Blatt
Nieder vom hohen Akazienbaum.
Sommer lächelt erstaunt und matt
In den sterbenden Gartentraum.
Lange noch bei den Rosen
Bleibt er stehen, sehnt sich nach Ruh.
Langsam tut er die großen
Müdgewordnen Augen zu.
September
The garden is tearful,
Cool falls the rain on the bloom.
The summer is fearful,
Silently facing his doom.
Shed from the high acacia
Leaf upon gold leaf lies,
Summer is smiling in stupor
On the garden’s dream that dies.
And long by the roses
He lingers, yearning for rest,
Till slowly he closes
Great eyes, weary at last.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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An Old Tibetan Carpet
Ein alter Tibetteppich
Else Lasker-Schüler (1876-1945)
Ein alter Tibetteppich
Deine Seele, die die meine liebet
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet
Strahl in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füsse ruhen auf der Kostbarkeit
Maschentausendabertausendweit.
Süsser Lamasohn auf Moschuspflanzentron
Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon.
An Old Tibetan Carpet
Your soul, and mine, its lover:
Weft of our carpet of Tibet,
Love’s radiant hues, traced over,
Two heart-struck stars in heaven’s net.
Luxuriously our feet repose
On love-knots meshed in myriad rows.
Sweet Lama son’s musk-mallow throne!
Long, long your lips have kissed my own,
Cheek to bright cheek still cleaving, woven close.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Lovesong
Liebeslied
Else Lasker-Schüler (1876-1945)
Liebeslied
Komm zu mir in der Nacht - wir schlafen engverschlungen.
Müde bin ich sehr, vom Wachen einsam.
Ein fremder Vogel hat in dunkler Frühe schon gesungen,
Als noch mein Traum mit sich und mir gerungen.
Es öffnen Blumen sich vor allen Quellen
Und färben sich mit deiner Augen Immortellen .....
Komm zu mir in der Nacht auf Siebensternenschuhen
Und Liebe eingehüllt spät in mein Zelt.
Es steigen Monde aus verstaubten Himmelstruhen.
Wir wollen wie zwei seltene Tiere liebesruhen
Im hohen Rohre hinter dieser Welt.
Lovesong
Come to me in the night – we’ll sleep, twined close, held hard.
I’m all alone, awake, so very tired.
Long before dawn, the song of some strange bird:
With me, and with itself, my dream still sparred.
Flowers are blossoming where waters spring,
Your eyes lend immortelles their colouring…
Come to me in the night, be shod with seven stars,
Be swathed in love, come late into my tent.
Moons climb aloft from heaven’s dusty coffers.
Like two rare beasts we’ll sleep the sleep of lovers
In the high pass behind the firmament.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Come Give Me Your Hand
Komm, gib mir die Hand ...
Albert Sergel (1876-1946)
Komm, gib mir die Hand ...
Komm, gib mir die Hand,
auf blühenden Wegen
gehn wir dem Glück entgegen,
wie Kinder im Märchenland.
Weiter, immer weiter ...
Bis über uns die Sterne stehn,
bis der Abendwind
uns einholt über die Heide
und Märchenschleier uns umwehn
von zarter dunkler Seide...
Come Give Me Your Hand
Come give me your hand
we’ll walk through flowers
to happier hours
like children in fairyland
further and further
till stars are aloft
and the dusk-wind hales
us over the heather
through fairy veils
dark, silken and soft.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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