Somewhere
Irgendwo
Hermann Hesse (1877-1962)
Irgendwo
Durch des Lebens Wüste irr ich glühend
Und erstöhne unter meiner Last,
Aber irgendwo vergessen fast,
Weiß ich schattige Gärten kühl und błühend
Aber irgendwo in Traumesferne
Weiß ich warten eine Ruhestatt,
Wo die Seele wieder Heimat hat,
Weiß ich Schlummer warten,
Nacht und Sterne.
Somewhere
I stray in deserts thirsting,
I groan beneath my load,
but somewhere half-forgotten
cool gardens bloom in shade.
But somewhere far in dreamland
I know there waits a haven,
the soul regains its homeland,
slumber and starlit heaven.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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All things pass
Vergänglichkeit
Hermann Hesse (1877-1962)
Vergänglichkeit
Vom Baum des Lebens fällt
Mir Blatt um Blatt,
O taumelbunte Welt,
Wie machst du satt,
Wie machst du satt und müd,
Wie machst du trunken!
Was heut noch glüht,
Ist bald versunken.
Bald klirrt der Wind
Über mein braunes Grab,
Über das kleine Kind
Beugt sich die Mutter herab.
Ihre Augen will ich wiedersehn,
Ihr Blick ist mein Stern,
Alles andre mag gehn und verwehn,
Alles stirbt, alles stirbt gern.
Nur die ewige Mutter bleibt,
Von der wir kamen,
Ihr spielender Finger schreibt
In die flüchtige Luft unsre Namen.
All things pass
From life’s tree
The leaves fall
About me.
Giddy bright ball
Sates and tires,
Makes us drunken.
Today’s fires
Are soon sunken.
Over my grave
The wind shall blow
Over a babe
A mother bends low.
Show me her eyes:
Her gaze is my star,
Though all else dies,
Founders afar.
Eternal the mother
From whom we came,
On wind and weather
Scribing our name.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Going to Sleep
Beim Schlafengehen
Hermann Hesse (1877-1962)
Beim Schlafengehen
Nun der Tag mich müd gemacht,
Soll mein sehnliches Verlangen
Freundlich die gestirnte Nacht
Wie ein müdes Kind empfangen.
Hände, laßt von allem Tun
Stirn, vergiß du alles Denken,
Alle meine Sinne nun
Wollen sich in Schlummer senken.
Und die Seele unbewacht
Will in freien Flügen schweben,
Um im Zauberkreis der Nacht
Tief und tausendfach zu leben.
Going to Sleep
Now the day has wearied me,
Starry night, be mild:
Hold my fevers, bear with me,
Like a weary child.
Hands, desist from every deed
Brow, forget all thinking,
Into slumber atrophied
Senses all go sinking.
And my soul unwatched shall sleep,
Soaring free in flight,
Live a thousand lives in deep
Magic worlds of night.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Smell of Autumn
Herbstgeruch
Hermann Hesse (1877-1962)
Herbstgeruch
Wieder hat ein Sommer uns verlassen,
Starb dahin in einem Spätgewitter.
Regen rauscht geduldig, und im nassen
Walde duftet es so bang und bitter.
Herbstzeitlose starrt im Grase bläßlich
Und der Pilze wucherndes Gedränge.
Unser Tal, noch gestern unermeßlich
Weit und licht, verhüllt sich und wird enge.
Enge wird und duftet bang und bitter
Diese Welt, dem Lichte abgewendet.
Rüsten wir uns auf das Spätgewitter,
Das des Lebens Sommertraum beendet!
Smell of Autumn
Summer’s left us once again,
In a late storm died away.
Woods are damp with steady rain
Sad and bitter tang today.
Autumn crocus lurking bare,
Mushrooms multiplying fast.
Dale that was so wide, so clear
Is constrained and overcast.
World has turned away from light,
Sad and bitter and constrained.
We’ve our own late storms to fight:
Lifetime’s summer-dream must end!
Translation: Copyright © Timothy Adès
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The butterfly
Der Schmetterling
Hermann Hesse (1877-1962)
Der Schmetterling
Mir war ein Weh geschehen,
Und da ich durch die Felder ging,
Da sah ich einen Schmetterling,
Der war so weiß und dunkelrot,
Im blauen Winde wehen.
O du! In Kinderzeiten,
Da noch die Welt so morgenklar
Und noch so nah der Himmel war,
Da sah ich dich zum letztenmal
Die schönen Flügel breiten.
Du farbig weiches Wehen,
Das mir vom Paradiese kam,
Wie fremd muß ich und voller Scham
Vor deinem tiefen Gottesglanz
Mit spröden Augen stehen!
Feldeinwärts ward getrieben
Der weiß' und rote Schmetterling,
Und da ich träumend weiterging,
War mir vom Paradiese her
Ein stiller Glanz geblieben.
The butterfly
I suffered some bad tiding.
I saw, in fields as I passed by,
A white and scarlet butterfly
On gentle winds go riding.
A child, I saw extended,
Long since, when heaven yet was near,
When all the world was morning-clear,
O you! your pinions splendid.
You, soft, bright-hued and airy,
You came to me from paradise.
Estranged, ashamed, before you
And all your godlike glory
I have to stand with downcast eyes.
Into the field was driven
The white and scarlet butterfly,
And as I wandered musing by,
I knew that I was given
A soundless glimpse of heaven.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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All the world’s books
Alle Bücher dieser Welt
Hermann Hesse (1877-1962)
Alle Bücher dieser Welt
Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.
Dort ist alles was du brauchst
Sonne Stern und Mond
Denn das Licht danach du frugst
In dir selber wohnt
Weisheit die du lang gesucht
In den Bücherreihen
Leuchtet jetzt aus jedem Blatt
Denn nun ist sie dein.
All the world’s books
All the world’s books
no joy will bring you,
sending you back
deep down within you.
There’s what you need:
Sun, stars and moon,
light you required,
in you, your own.
Wisdom you craved
sits on the shelf,
now from each page
shines for yourself.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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Woman of Mystery
Die Geheimnisvolle
Hermann Hesse (1877-1962)
Die Geheimnisvolle
So viele Frauen, wenn sie lieben, geben
Uns in der Wollust ihr Geheimnis preis,
Wir pflücken es, und kennen sie fürs Leben,
Denn ob die Liebe auch zu täuschen weiß,
Ob auch die Wollust noch vermag zu trügen.
Wo beide Eins sind, können sie nicht lügen.
Du hast mit mir das Sakrament gefeiert,
Und Wollust schien bei dir mit Liebe Eins,
Und dennoch hast du dich mir nicht entschleiert,
Du hast das bange Rätsel deines Seins
Mir nie gelöst und anvertraut im Lieben,
Bist immer ein Geheimnis mir geblieben.
Dann bist du, plötzlich meiner müd, gegangen,
Und tatest mir zum letzten Male weh.
Ein Stück von mir blieb noch bei dir gefangen,
Und wenn ich fern dich Schlanke gehen seh,
Kann ich die fremde schöne Frau begehren,
Als ob wir nie ein Paar gewesen wären.
Woman of Mystery
So many women, when they love, surrender
Their mystery, their secret, in their ardour.
We take it, they are known to us for ever.
Love on its own is sometimes a deceiver,
Lust on its own may turn to treachery.
When they are joined in one, they cannot lie.
You took with me the sacramental blessing:
I thought that love and lust in you were one.
Yet you were ever veiled to me, unshown:
Unsolved, the sorry riddle of your being.
You never gave your confidence to me
In love; you still remained a mystery.
Then suddenly you tired of me and left me,
Hurt me for one last time, you were inhuman.
A part of me remained with you, still captive;
And when I see your slender form afar,
I can desire the lovely unknown woman
As if we two had never been a pair.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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In dubiis
In dubiis
Hermann Hesse (1877-1962)
In dubiis
I
Es dringt kein Laut bis her zu mir
von der Nationen wildem Streite,
ich stehe ja auf keiner Seite;
denn Recht ist weder dort noch hier.
Und weil ich nie Horaz vergaß
bleib gut ich aller Welt und halte
mich unverbrüchlich an die alte
aurea mediocritas.
II
Der erscheint mir als der Größte,
der zu keiner Fahne schwört,
und, weil er vom Teil sich löste,
nun der ganzen Welt gehört.
Ist sein Heim die Welt; es misst ihm
doch nicht klein der Heimat Hort;
denn das Vaterland, es ist ihm
dann sein Haus im Heimatsort.
In dubiis
I
No sound till now assails my ear
Of nations who in strife collide;
I do not stand on either side;
Justice is neither there nor here.
Mindful of Q. Horatius,
I’m friends with all the world, and hold
Irrevocably to the old
Aurea Mediocritas.
II
He stands out as most great-hearted,
Loyal to no flag unfurled,
Who, from one small fragment parted,
Now belongs to all the world.
If his home’s the world, his homeland
Measures to no little space:
For his fatherland’s his cottage,
In his own familiar place.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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All Things Pass
Vergänglichkeit
Hermann Hesse (1877-1962)
Vergänglichkeit
Vom Baum des Lebens fällt
mir Blatt um Blatt,
O taumelbunte Welt,
wie machst du satt,
wie machst du satt und müd,
wie machst du trunken!
Was heut noch glüht,
ist bald versunken.
Bald klirrt der Wind
über mein braunes Grab,
über das kleine Kind
beugt sich die Mutter herab.
Ihre Augen will ich wiedersehn,
ihr Blick ist mein Stern,
alles andre mag gehn und verwehn,
alles stirbt, alles stirbt gern.
Nur die ewige Mutter bleibt,
von der wir kamen,
ihr spielender Finger schreibt
in die flüchtige Luft unsre Namen.
All Things Pass
Leaf after leaf,
from life's tree, fall.
Bright whirling world,
you cloy, you pall.
You pall and you tire,
You make us drunken!
Today's glowing fire
Will soon be sunken.
At my brown grave
The wind shall blow;
Over the babe
Mother bends low.
May my star be bright,
The glance of her eyes!
On all else be blight!
All readily dies.
The great Mother stays,
From whom we came:
On the winds she plays,
As she scrawls our name.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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An Old Tibetan Carpet
Ein alter Tibetteppich
Else Lasker-Schüler (1876-1945)
Ein alter Tibetteppich
Deine Seele, die die meine liebet
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet
Strahl in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füsse ruhen auf der Kostbarkeit
Maschentausendabertausendweit.
Süsser Lamasohn auf Moschuspflanzentron
Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon.
An Old Tibetan Carpet
Your soul, and mine, its lover:
Weft of our carpet of Tibet,
Love’s radiant hues, traced over,
Two heart-struck stars in heaven’s net.
Luxuriously our feet repose
On love-knots meshed in myriad rows.
Sweet Lama son’s musk-mallow throne!
Long, long your lips have kissed my own,
Cheek to bright cheek still cleaving, woven close.
Translation: Copyright © Timothy Adès
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